Laure Eve: Neon Knights – Das zerschlagene Schwert
Cindy
Ich bin ein großer Fan der Artus-Sage und habe schon viele Retellings gelesen. „Neon Knights“ ist daher ein besonderes Highlight für mich gewesen, denn es besticht durch seine Charaktere, die Action und den Schreibstil. Ich glaube, dieses Buch hat das Potential, mein Jahreshighlight 2024 zu werden.
Handlungsort ist ein London, welches in sieben Distrikte unterteilt ist und von einem König regiert wird. Oftmals habe ich den Begriff „Urban Fantasy“ im Zusammenhang mit dem Buch gelesen, und ein bisschen hat es sich auch so angefühlt. Aber ihm haftet auch etwas historisches und dystopisches zugleich an. Zum einen gibt es überall Bildschirme und auch Technologie )aber keine Smartphone), zum anderen gibt es noch echte Ritter, die mit Schwertern kämpfen! Und sie fahren auf Motorrädern durch die Stadt! Ist das nicht eine mega Kombination? Dispute werden in der Regel über einen Ritterkampf ausgetragen, der in einer Arena stattfindet. Dabei geht es nicht um Leben und Tod, sondern nur um Sieg oder Niederlage.
Unsere Protagonistin Red möchte unbedingt ein Ritter werden, wenn auch aus sehr persönlichen Gründen. Da sie auch noch eine der wenigen Personen ist, denen Magie inne wohnt (eine Gottgleiche), erregt sie schnell die Aufmerksamkeit der Massen und des hoch angesehenen Hexenritters. Ihre Ausbildung in der Ritterschmiede beginnt und es wird immer deutlicher, dass ihr Antrieb Rache für etwas ist, dass vor vielen Jahren geschehen ist.
Tatsächlich gibt es zwei Zeitebenen in diesem Buch. Reds Geschichte spielt sich im Jetzt ab, während Arts Geschichte zwanzig Jahre vorher beginnt. Art ist der illegitime Sohn von König Uther, und als dieser plötzlich stirbt, ist er ein legitimer Anwärter auf den Thron. Da es keine Erbmonarchie gibt, muss in der Arena unter den sieben Distrikten Londons um den Thron gekämpft werden. Hier erkennt man nun die erste offensichtliche Parallele zur Artuslegende. Man verfolgt Arts Weg zum Thron und lernt seine Wegbegleiter kennen. Ausnahmslos jeder Charakter, der in der Geschichte vorkommt, konnte mich sehr begeistern. Queerness spielt hier eine große Rolle, wird aber überhaupt nicht aufgebauscht, sondern ist vollkommen normal. Es gibt keine Vorurteile, sondern einzig und allein die Hingabe zur Person zählt. Das Geschlecht wird, was die Beziehungen angeht, nicht thematisiert. Es gibt jedoch Charaktere, die das Pronomen „xier“ benutzen. Ein ganz großes Lob an die Übersetzerin Charlotte Lungstrass-Kapfer, die einen wunderbaren Job gemacht hat.
Der Plot hat mich gefangen genommen, denn man steuert auf etwas zu und man weiß, dass es sicher eine Katastrophe ist. Dennoch kann man nicht genau definieren, was es sein wird und wie der Weg dorthin verlaufen wird. Ich mochte die Action im Buch, die immer wieder von tiefen Gesprächen der Charaktere unterbrochen wird. Vor allem in Arts Zeitlinie nehmen Freundschaft und politische Intrigen großen Raum ein und lassen Platz für Vermutungen. Obwohl ich mich mit der Artuslegende wirklich gut auskenne, hatte ich oft keine Ahnung, ob bestimmte Charaktere ein „historisches“ Vorbild haben. Bei Red war ich mir schnell sicher, wen sie darstellt, aber das hat den Spannungsbogen auf keinen Fall gemindert.
Auch die Magie hat ihr Übriges zur Geschichte beigetragen. Sie war dezent, aber vielfältig. Man wurde als Leser nicht von ihr erschlagen und ganz langsam herangeführt.
Ich muss wirklich ein großes Loblied auf dieses Buch singen, denn ich habe keinen einzigen Kritikpunkt gefunden. Es war durchweg spannend und unterhaltsam, in genau dem richtigen Maße sexy und divers. Ich kann es kaum erwarten, den zweiten Band in die Finger zu bekommen und mehr über den Hexenritter herauszufinden. Diese Figur hat es mir besonders angetan, denn man erfährt seine Hintergrundgeschichte nur durch Dritte, lernt ihn eigentlich gut kennen, doch am Ende des Buches bleibt ganz viel Potential offen.
Also eine ganz klare Leseempfehlung von mir!