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Jay Kristoff: Empire of the Vampire

Cindy

Your past is stone, but your future is clay.And you decide the shape oft he life you’ll make.“

Seid gewarnt, liebe Leser. Ich befürchte, diese Rezension wird mehr eine Liebeserklärung denn ein neutraler Leseeindruck. „Empire of the Vampire“ hat mein Herz gestohlen und es bislang noch nicht wieder zurückgegeben. Jay Kristoff hat ein wirklich grandioses Buch geschrieben, bei dem ich mich komplett verlieren konnte und unendlich viele Emotionen durchlebt habe. Eigentlich bin ich noch immer ein wenig sprachlos, aber ich werde mein Bestes geben, meine Emotionen in Worte zu verpacken.

Wer „Der Name des Windes“ mag, der ist hier an der richtigen Adresse, denn man erhält gleich drei Geschichten in einem Buch. Protagonist Gabriel de León ist zu Beginn des Buches Mitte dreißig und ein Gefangener der Vampirfamilie Chastain. Dort erzählt er einem Chronisten die Geschichte seines Lebens und dies geschieht auf zwei Handlungsebenen, die sich abwechseln. Der erste Erzählstrang folgt dem 16jährigen Gabriel, der in einer brutalen Welt aufwächst. Seit dem Daysdeath scheint die Sonne nicht mehr wirklich, sodass Vampire auch bei Tageslicht aktiv sein können. Ein Krieg nach dem nächsten entflammt und Gabriel ist mittendrin. Denn er selbst ist ein Halbvampir und wird deshalb zu einem Silversaint ausgebildet, um Vampire zu jagen. (Das hört sich jetzt vielleicht ein wenig plump an, ist es aber keinesfalls!). Im Kloster San Michon beginnt seine Lehrzeit und seine ersten Abenteuer. Dieser junge Gabriel ist tief gläubig und überzeugt davon, das richtige zu tun.

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© Harper Collins
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©Fischer Tor

Im krassen Gegensatz dazu steht der 32jährige Gabriel, dem der zweite Handlungsstrang gewidmet ist. Dieser hat seinen Glauben verloren, ist ein gebrochener Mann und wird nur von dem Gedanken an Rache getrieben. Bei diesem Handlungsstrang spielt der Heilige Gral eine wichtige Rolle und es entwickelt sich eine unglaublich gut geschriebene Lehrmeister- Schüler-Beziehung.

Als Leser stellt man sich natürlich unendlich viele Fragen. Vor allem aber möchte man wissen, was geschehen ist, um aus Gabriel diesen gebrochenen Mann zu machen. Kristoff baut die Geschichte sehr geschickt auf. Die Zeitebenen wechseln sich immer wieder ab und enden jedes Mal mit einem Cliffhanger, der es einem unmöglich macht, das Buch aus der Hand zu legen. Unterbrochen wird das Ganze durch die sarkastischen Kommentare des Chronisten, der immer wieder nachhakt und Gabriel dazu drängt, gewisse Dinge detaillierter zu erklären. Als Leser erhält man so den bestmöglichen Einblick in die Welt von EotV, was ein kluger Schachzug des Autors ist.

Wer „Nevernight“ gelesen hat, der weiß, dass Jay Kristoff eine ganz eigene literarische Sprache hat. Sie ist derb, aber klangvoll, atmosphärisch und düster. Es wird unglaublich viel geflucht, aber das passt sehr gut zu Gabriel Charakter und seinem rauen Umfeld. Jay Kristoff hat eine ganz besondere Art, Menschen, Orte und Beziehungen zu beschreiben. Ich konnte mir alles haargenau vorstellen, teilweise liefen gewisse Szenen wie ein Film vor meinem inneren Auge ab oder ich habe mich durch Gabes Augen wie ein Videospiel-Held gefühlt. Einfach alles an diesem Buch ist so verdammt atmosphärisch! Es ist düster, hoffnungslos, Gefahren lauern in jeder Ecke, aber die Charaktere bringen Licht in diese finstere Welt. Kristoff schreibt wirklich ganz fantastische Charaktere. Ich kann gar nicht alle aufzählen, aber besonders gut gefallen haben mir Dior (ein Charakter, den man nie wirklich durchschaut aber sehr ins Herz schließt), Aaron (harte Schale, weicher Kern) und Astrid (einfach Astrid). Besonders das Beziehungsgeflecht der Charaktere untereinander, welches sich im Laufe der Geschichte immer weiter verändert, ist grandios. Die meisten Charaktere bewegen sich in grauen Spektren. Niemand ist nur gut oder böse, denn Gabriel lernt nach und nach, dass man Menschen nur sehr schlecht dem einen oder anderen zuordnen kann.

Es kommt zu blutigen Kämpfen, die definitiv nichts für schwäche Nerven sind. Es werden auch jede Menge Suchtmittel konsumiert. Dennoch gehört das zu dieser Geschichte einfach dazu. Gabriel lebt in einer harten Welt, die ihm eine große Last aufgeladen hat. Man beginnt immer mehr zu verstehen, was ihm wiederfahren ist und möchte es nicht wahr haben. Ich glaube, kein Buch hat mich so viele Tränen vergießen lassen wie die letzten 100 Seiten dieser Geschichte. Kristoff konnte mich emotional voll abholen. Gabriel de León gehört von jetzt an zu meinen absoluten Lieblingsfiguren.

Im Buch sind auch zahlreiche Illustrationen enthalten, die Charaktere und Szenen zeigen und die Stimmung der Geschichte uaf faszinierende Art und Weise einfangen. Dieses Zusammenspiel von Text und Bild ist wirklich grandios und trägt viel zum Leseerlebnis bei. An einigen Stellen habe ich mich optisch und inhaltlich an „Castlevania“ erinnert gefühlt – Gabriel erinnert mit seiner mürrischen Art ein wenig an Trevor Belmont, äußerlich eher an Alucard. Wer die Serie mag, wird „Empire“ sicher genauso lieben wie ich.

Dieses Buch ist für mich DAS Highlight 2022 und ich werde vermutlich lange Zeit nicht aufhören können, davon zu schwärmen. Obwohl die Welt von EotV so grausam und düster ist, kann ich ihr kaum entkommen und bin absolut gefesselt. Lest es! Euch entgeht etwas, wenn ihr es nicht tut.

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