Salma El-Wardany: Alles, was wir uns nicht sagen
Cindy
Ich bin gänzlich ohne Erwartungen an dieses Buch gegangen, lediglich gecatcht vom Beth O’Leary Blurb „Ich liebe diesen Roman. Er fängt die Riefe weiblicher Freundschaft besser ein als alles, was ich je gelesen habe.“ Dem stimme ich zu, doch da ist noch mehr! Während der Lektüre habe ich unglaublich viel über den Islam gelernt. Das hatte ich nicht erwartet, dabei ist das Buch eine own-voices Geschichte der halb-Irin, halb-Ägypterin Salma El-Wardany.
Im Mittelpunkt stehen drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch so viele Gemeinsamkeiten haben. Ihre Familien erwarten von ihnen, dass sie den perfekten muslimischen Ehemann mit nach Hause bringen und die drei Freundinnen wollen diese Erwartungen nicht enttäuschen. Doch Kees ist seit vier Jahren mit Harry zusammen. Das Problem ist nicht nur, dass Harry Weiß ist, er ist auch Katholik. Jenna stürzt sich von einer Affäre in die nächste, achtet aber immer auf ihre Jungfräulichkeit und träumt von dem perfekten Ehemann. Malaks Freund Jacob würde ihrer Familie nicht passen, daher trennt sie sich von ihm und beschließt, in Kairo nach ihren Wurzeln zu suchen.
Die drei jungen Frauen stehen am Scheidweg. Ihre College-Blase neigt sich dem Ende zu und sie müssen schwierige Entscheidungen treffen. Dabei merken sie, dass sie sich auseinander gelebt haben und die Entscheidungen der anderen nicht mehr nachvollziehen können. Vor allem Kees hat mich stark beeindruckt. Sie wirkt sehr unnahbar und stark, doch innerlich zerbricht sie an ihrem Konflikt. Wenn sie sich für Harry entscheidet, wird sie ihre Familie verraten. Malak liebt Jacob, doch will auch, dass die Frauen ihrer Familie stolz auf sie sind. Sie träumt von dieser Gemeinschaft und Unterstützung und ist bereit, ihr persönliches Glück dafür zu opfern. Kairo ist eine ganz andere Welt und sie fühlt sich wohl. Doch nach und nach muss sie erkennen, dass sie vielleicht nicht ganz ehrlich zu sich selbst gewesen ist. Jenna ist eine Frohnatur. Ich mochte ihren Charakter unglaublich gern, weil er so vielschichtig war. Man kann glauben und trotzdem offen für alles sein. Jennas Frohsinn geht ihr auf tragische Art und Weise verloren und sie versucht krampfhaft, diese Tatsache zu leugnen und das zu tun, was von ihr erwartet wird.
Alle drei Frauen kämpfen mit sich selbst, den Erwartungen ihrer Religion und Familie und den äußeren Umständen. Nach und nach müssen sie lernen, was Glück, Familie und Liebe wirklich bedeuten und auf wen es im Leben ankommt. Ihre Freundschaft bricht auf, verändert und verformt sich, doch sie kommen nie voneinander los. Ich habe sehr mitgefiebert, was mit den dreien passiert und wie sie ihre persönlichen Probleme lösen. Freundschaft spielt hier eine ebenso zentrale Rolle wie die Themen Familie, Religion und Liebe. Die Charaktere sind alle unterschiedlich und man merkt, wie viele Erfahrungen und Gefühle der Autorin hier eingeflossen sind. Ich musste feststellen, wie wenig ich über den Islam weiß und hätte mir ein Glossar gewünscht oder ein paar mehr Erklärungen. So habe ich natürlich das Worl wide web zu Rate gezogen, was auch okay war.
„Alles, was wir uns nicht sagen“ hat einen nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen. Dieser Roman fängt das Gefühl perfekt ein, das man hat, wenn das Studium zu Ende geht und man sich in verschiedene Richtungen zerstreut. Hinzu kommen die religiösen Konflikte, die mir immer wieder die Augen geöffnet haben und zu mehr Verständnis für gewisse Dinge verholfen haben. Ganz große Empfehlung!